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Die Sache mit dem Mamsterrad und wie wir gemeinsam da raus kommen

Morgens übermüdet aufstehen, ins Bad schlurfen und noch bevor man auf’m Klo war, wieder zurück zum Bett, denn natürlich das Baby hat den Verlust elterlicher Körperwärme bemerkt und tut seinen Unmut mit lautstarkem Geningel kund. Also Baby geschultert und zurück ins Bad, denn das Bedürfnis muss ja… Argh, Mist! Auch Kind 2 scheint inzwischen erwacht zu sein und das sonst so selbstständige kleine Kerlchen kann plötzlich den Weg aus seinem Zimmer nicht finden. Die Blase drückt, was soll’s, erstmal zurück zum Kinderzimmer und das Kind aus seinem furchtbaren Elend befreien.

Mit dem Baby auf der Hüfte und Kind 2 im besten Fall an der Hand, im schlechtesten tatsächlich noch Huckepack wird dann zurück ins Bad gezuckelt. Oh bitte, jetzt endlich… Aber nein, keine Chance, denn das Kind möchte bitte zuerst auf’s Klo. Und mal angesehen davon, dass diese Reihenfolge definitiv schon den Fortgang des weiteren Morgens maßgeblich beeinflusst, ist es vielleicht auch ganz ratsam, dem Kind den Vortritt zu lassen, wenn man den Badvorleger nicht schon wieder waschen möchte.

Während man also das Tröpfeln des Kinderpipis ins Klo hört und mittlerweile schon von einem Bein aufs andere hüpft, beginnt das Baby wieder, zu Unmut-ningeln, den schließlich hat man es dreisterweise gerade auf den Boden gesetzt, um den anderen Kind das Papier zu reichen.

Ein paar Minuten später sitzt man dann endlich selber auf dem Klo. Das größere Kind ist abgelenkt von den Dinos, die glücklicherweise in der Badewanne übernachtet haben, das Baby versucht, sich an den mütterlichen Knien hochzuziehen. Einmal kurz im Kopf überschlagen, was jetzt als nächstes abgearbeitet werden muss, dann kann es auch schon weitergehen. Oder auch nicht, denn die Klopapierrolle ist alle. Macht aber nichts, denn das Papier liegt aufgetürmt zu einem großen Berg neben der Toilette und das Baby freut sich in seine kleinen Fäustchen klatschend, das doch tatsächlich ganz allein geschafft zu haben. Inzwischen hat auch das große Kind vom Papier-Malheur Wind bekommen und läuft schon mit wehenden Bahnen durchs Haus… Naja, so ist es wenigstens beschäftigt, während man selbst aus den Bergen zwar sauberer, aber sich noch in den Körben zum Zusammenlegen befindender Wäsche Anziehsachen für alle Beteiligten zusammen sucht. (Kennt ihr dazu eigentlich Trick 17?)

Morgens Zirkus, abends Theater. Mein Leben als Mama.
Postkarte von Northnotes.

So setzt sich das Spektakel dann munter fort. Wenn man gut ist, hatte man es morgens direkt noch schnell geschafft, auch die eigenen Zähne kurz zu putzen, sonst muss das eben – mal wieder – bis abends warten. Duschen ist reinste Utopie, hoch lebe das Trockenshampoo, und mittags stellt man dann fest, dass der Kaffee, den man sich morgens noch optimistisch – und dessen in allerhöchstem Maße  bedürftig – gekocht hatte, noch unangetastet in der Küche steht. Kalt, natürlich. Immerhin ist das größere Kind rechtzeitig zum Frühstück in der Kita gewesen.

Das hat auch erstaunlich gut geklappt, nur die Gummistiefel sind unauffindbar gewesen. Schwamm drüber. Jetzt schnell wieder nach Hause und dem Baby ein Mittagessen vorbereiten, natürlich mit ihm auf dem Arm. Das Ding mit der Aussicht und so. Zwischendurch auch noch einarmig eine Waschmaschine anwerfen, mit dem Fuß das im gesamten Haus verteilte Spielzeug zu einem großen Haufen zusammen schieben, dem DHL-Mann die Tür öffnen, dem UPS-Mann die Tür öffnen, dem dpd-Mann  die Tür öffnen und ein Paket für die Nachbarn annehmen, dem Messerschleifer die Tür öffenen, nein danke, wir mögen unsere Messer im Moment lieber stumpf, aus Sicherheitsgründen, Sie verstehen schon, den Gestalten von der örtlichen Sekte die Tür öffnen und mit einem verständnislosen Blick und einem schrägen Kopfschütteln direkt wieder vor der Nase zuschlagen. Als beim nächsten Klingeln eine Frau und ein Pony vor der Tür stehen, hysterisch zu Kichern anfangen, Zirkus, nein danke, davon haben wir selber mehr als genug. Morgens Zirkus und abends Theater.

Wäscheberg? Das ist ein ganzes Gebirge!

Mittlerweile ist das Baby so müde, dass es fast schon im Stehen schlafen würde, wenn es denn stehen könnte, also schnell ins Schlafzimmer, das muss man jetzt ausnutzen. Das mit dem Einschlafen klappt auch ganz wunderbar, der wahnwitzige Versuch, sich aus dem Zimmer zu schleichen, ein kleines Frühstück zu essen (oder wenigstens ein paar Chips) und das Chaos in der Küche zu beseitigen, wird jedoch vereitelt. Anfängerfehler, die knarzende Diele, da nützen tatsächlich auch Zehenspitzen nichts. Schritt, Schritt, knarz, zack, Baby wach. Also schnell wieder zurück ins Bett gehechtet, Brust raus, Bauch rein, das Baby dockt an und schlummert glücklich wieder ein. Blöd nur, dass man jetzt direkt darunter liegt. Tja nun, was soll’s, dann eben einfach die Zwangspause nutzen. Ein bisschen die Augen zu machen schadet schon nicht. In der Theorie wirklich toll, aber praktisch? Ist an Schlaf ist nicht zu denken, zu viele „Ich muss noch“s und „Ich hab noch nicht“s im Kopf. Aber dann ist es doch noch soweit, die Augen fallen langsam zu und man döst endlich ein… Träum weiter, Muddi, das Baby ist wach.

Aber das ist auch gut, denn es ist schon allerhöchste Zeit, um das andere Kind aus der Kita zu holen. Aus dem „Hast du mir was mitgebracht?“ ist längst schon ein „Was hast du mir mitgebracht?“ geworden und je nachdem, wie diese Frage beantwortet werden kann, gestaltet sich dann die Stimmung am Nachmittag. Spielplatz, Playdate, Kinderturnen, Ballspielgruppe, alles kann, noch mehr soll, vieles muss. Zum Beispiel pünktlich zuhause sein, um das Abendbrot für zwei hungrige Mäulchen gerade noch rechtzeitig vorzubereiten.

„Nudeln mit Fleischwurst, aber ohne Sauce“ stehen auf der Wunschliste ganz oben, also schnell den Herd angeschmissen, macht sich ja beinahe von selbst. Allerdings muss man doch lieber in der Küche bleiben, denn so ein Topf voll mit kochendem Wasser ist schon nicht ganz ohne. Nur Obacht, dass der Fuß des dauerhaften Hüftinsassen dem Topf nicht zu nah kommt.

Der Rest des Abends läuft dann meist ähnlich. Kinder in die Wanne oder auch nicht, ein bisschen spielen oder auch nicht, vielleicht noch ein Hörspiel oder auch nicht, ein Buch, eine Geschichte, ein Dino-Angriff. Noch fünf Minuten, Muddi, dann kehrt Ruhe ein.

Irgendwann scheint es dann auch gelungen, die Kids in ihre Schlafanzüge zu stecken, zumindest den Großen. Das Baby weigert sich, gut, in Body und Strumpfhose schläft es sich auch nicht schlechter. Der Papa bringt den Großen ins Bett, die Mama den Kleinen und wenn alle Glück haben, trifft man sich später noch einmal im Wohnzimmer. Schnell noch was zusammen essen, und – Romantik muss sein – noch ein, zwei Folgen bei Netflix bingen. Zwischendurch siebzehn mal nach den Kindern sehen, Tränen trocknen, Flaschen reichen, Traummonster verjagen, Händchen halten und Haare sanft aus der Stirn streichen. Dann ist es auch schon wieder Zeit fürs eigene Bett, zumindest für das Eckchen, das einem noch übrig bleibt: auf drei Vierteln der durchaus geräumigen Liegefläche haben sich inzwischen nämlich Kinder verteilt. Naja, quer am Fußende ist es auch ganz bequem, was macht es da schon, dass dort den ganzen Tag über der Kater schlief. Immerhin hat man jetzt Zähne mal geputzt… Mist, die nasse Wäsche ist ja noch in der Maschine. Na egal, morgen ist ja auch noch ein Tag. Also gute Nacht und bis gleich.

Die Aussicht vom Mount Washmore genießen

Ja, ich geb zu, es ist etwas überspitzt. Aber mal Hand aufs Herz, wer kennt das so nicht? Mamsterrad, das beschreibt es doch ganz gut. Und wenn man die Situation (den Feind?) kennt, kann man dagegen vorgehen. Und das möchte ich versuchen, ich möchte aus dem Mamsterrad auszubrechen und nicht nur die Bedürfnisse meiner Kids, sondern auch meine eigenen wenigstens ein Stückweit besser zu befriedigen. Es muss doch möglich sein, auch morgens mit geputzten Zähne das Haus zu verlassen!

Und euch, auch die ärgsten ZweiflerInnen, lade ich ein, mich dabei zu begleiten. Oder es sogar – mit mir zusammen – auch selber zu versuchen. Es wird bestimmt nicht immer klappen und ganz gewiss lässt sich das nicht von heute auf morgen ändern, aber es aus Skepsis erst gar nicht auszuprobieren wär ja auch irgendwie Quatsch. Wir hsaben es doch selber in der Hand. Und wer weiß, vielleicht wird es ja sogar gut?

Lasst uns den Weg doch gemeinsam gehen. Nur ein Schritt zur Zeit und möglichst ein kleiner. Die kleinen sind nämlich auch mit Baby auf der Hüfte schaffbarer und sie bringen uns trotzdem ans Ziel. Ein bisschen langsamer vielleicht, dafür aber sicherer und mit weniger Stolpern.

Ach, ich freu mich drauf. Also los, wer kommt mit?

Liebst,

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It's okay to be not okay. Ok. I am not.

It's okay to be not okay. Ok. I am not.

It’s okay to be not okay.
Ok. I am not.

Das Meer ist ganz ruhig, ganz glitzernd und spiegelt, es schwimmt sich ganz easy, routiniert geht’s voran.

Von Strömungen, die sich da langsam aufbauen und heimlich ganz stark werden, merkt man vorerst nichts. Nur vielleicht, dass man plötzlich ein bisschen mehr Kraft braucht, um das Tempo zu halten, das man sonst von sich kennt.

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Blöd nur, dass die Kraft da schon lang nicht mehr ausreicht, um zurück zu kommen und nicht unterzugehen.


Warum ich das schreibe, das öffentlich mache? 
Weil ich nicht okay bin.
Und das ist okay.

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Liebst,

Auch das noch: Ich hab AD(H)S als Erwachsene

Auch das noch: Ich hab AD(H)S als Erwachsene

Keine Ahnung, ob du es vielleicht schon bei Instagram verfolgt hattest oder ob das hier jetzt komplett neu ist: Ich habe AD(H)S, das erst kürzlich bei mir diagnostiziert wurde.. Ein bisschen was habe ich schon dazu erzählt und geschrieben, aber irgendwie ist das nicht nur ein Thema für Instagram, sondern auch für hier  und ich glaube, deswegen werde ich jetzt nach und nach auch auf meinem Blog darüber schreiben. 

Pünktlich zum Mental Health Day am 10. Oktober war es jedenfalls so weit: Wochenlang hatte ich überlegt, ob ich in der Öffentlichkeit überhaupt darüber sprechen möchte, und plötzlich war es ganz klar: Die Zeit des Versteckens muss vorbei sein, wir müssen über Dinge sprechen, wenn wir sie ändern, wenn wir sie enttabuisieren wollen. 

Seit immer schon versuche ich, meine „Schwächen“ zu verstecken, meine „Makel“ und Eigenschaften, die ich mir immer weggewünscht habe und ständig versucht, zu maskieren. Ich hab weder über den Burnout gesprochen, der mich vor etwa 10 Jahren in die Knie zwang, noch über die Therapien, die ich gemacht habe, geschweige denn von all den anderen Dämonen, mit denen ich hin und wieder kämpfe.

Und auch meine neuste „Errungenschaft“, AD(H)S – spätdiagnostiziert im Erwachsenenalter – wollte ich erst weder wahrhaben noch darüber reden. Ich weiß seit einer kleinen Weile, dass ich ADHS habe. Irrsinnig viel erklärt sich dadurch, und dennoch ist es noch schwer zu fassen. Ich stehe am Anfang, aber ich bin auf dem Weg. Und ich werde drüber sprechen. Weil endlich Schluss sein muss mit dem Maskieren – und zwar in jegliche Richtung.

Und jetzt entschuldige mich, mein Mutausbruch macht mir Angst, ich muss mir mal kurz die Decke über den Kopf ziehen. 🙈

Falls du jetzt aber Lust  bekommen hast, mehr darüber zu hören, dann here some good news. Wir haben für den Mamsterrad-Podcast mit den AD(H)S-Expertinnen Dr. Ismene Ditrich, Fachärztin für Psychologie und Psychiatrie, und Dr. Christa Koentges, Psychologin und Psychotherapeutin, über AD(H)S im Erwachsenenalter und insbesondere bei Frauen gesprochen. Die ganze Podcastfolge gibt es hier:

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Weitere Informationen

Wenn dich das Thema „AD(H)S im Erwachsenenalter“ interessiert, habe ich hier noch ein paar wirklich tolle Buchtitpps für dich:

„Die Welt der Frauen und Mädchen mit AD(H)S“

Frauen und Mädchen mit AD(H)S erhalten viel seltener eine Diagnose als Männer und Jungen, denn ihre Symptome fallen weniger stark auf: Betroffene Frauen und Mädchen sind weniger hyperaktiv, dafür verträumt, unaufmerksam und vergesslich. Die zu späte oder fehlende Diagnose kann weitreichende Folgen haben: Der Leidensdruck bleibt meist über Jahrzehnte bestehen, schadet ihrem Selbstwertgefühl und zieht Folgeerkrankungen nach sich.

Die vier Expertinnen der Freiburger Arbeitsgruppe AD(H)S leisten in diesem Buch wichtige Aufklärungsarbeit für Frauen mit AD(H)S sowie für Eltern betroffener Mädchen. Mit vielen Einblicken aus der Forschung, Fallgeschichten, Reflexionen und Übungen zur Selbsthilfe zeigen sie konkrete Wege auf, wie Betroffene mit ihrer Besonderheit Frieden schließen, ihre vielen Stärken entdecken und gut mit AD(H)S leben können.

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„Hirngespinste: Mein Leben mit ADHS“

Sätze wie „Ein bisschen ADHS hat doch jeder.“, „ADHS gibt es doch gar nicht.“ oder „ADHS haben doch nur kleine Jungs.“ gehören für Lisa Vogel zum Alltag. Wie es ist, als erwachsene Frau mit ADHS zu leben, welchen Vorurteilen man ausgesetzt ist und was im Alltag hilft, davon handelt dieses Buch.

Lisa räumt mit Mythen rund um die Stoffwechselstörung im Gehirn auf. Denn nicht jede/r mit ADHS ist ein zappeliges Kind, schlecht in der Schule oder auffällig im Erwachsenenalter. Mit ihrer späten Diagnose begann ihre Reise zu sich selbst, aus der ihr Wunsch erwuchs, andere auf dieser Reise zu begleiten, ihnen Verständnis zu schenken und sie vor Selbstzweifeln zu schützen.

Aktuelle Erkenntnisse und Studien zum Thema ADHS bei Erwachsenen runden das Buch ab.

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