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babySignal – Mit den Händen sprechen (lernen)

Zum ersten Mal kam ich in Berührung mit dem Thema babySignal (Babygebärden/ Babyzeichensprache), als meine Freundin Paula mit ihrer Tochter bei uns zu Besuch war. Das war vor etwa anderthalb Jahren, es war Sommer und ich war gerade zum zweiten Mal schwanger. Paulas Mädchen war zu dem Zeitpunkt ein gutes Jahr alt und zuckersüß. Wie sie da so vor mir stand, mich mit großen Augen ansah und so lustig zappelte und winkte… Bis ihre Mama zu uns ins Zimmer kam und sagte „Oh, du hast Hunger? Und deinen Fuchs suchst du? Ok, warte, ich helfe dir.“ Die Kleine strahlte sichtlich zufrieden und mir fiel erstmal die Kinnlade runter.


Etwas später an dem Morgen saßen wir am Tisch und ich beobachtete, wieder immens beeindruckt, wie die beiden wild diskutieren. Lautlos, dafür mit ihren Händen. Also, wirklich, wirklich diskutierten, Aussagen machten und Widerworte gaben. Die Kleine gebärdete deutlich, dass sie mit ihrem Essen (belegtes Brot) jetzt definitiv fertig sei, aber unbedingt nochmal vom Essen ihrer Mama (Müsli mit Früchten) probieren wollte. Ich war nachhaltig beeindruckt und nahm mir vor, das mal für mein zweites Kind im Hinterkopf zu behalten.

Ein halbes Jahr später ist alles anders.

Es ist Frühling, wir sind fast nicht wieder zu erkennen und gehen, nein kriechen auf dem Zahnfleisch. Unser zweites Kind ist ein besonders liebebedürftiges Baby* und lässt sich nur sehr schwer beruhigen. Es scheint immense Bedürfnisse zu haben, die leider nicht leicht zu befriedigen sind. Lediglich Stillen und an meinem Körper getragen und dabei geschuckelt zu werden scheint seine Unruhe einigermaßen zu lindern.

Ich bin völlig verzweifelt und frage mich, wie es weitergehen soll. Ich sehne mich so sehr nach einer Möglichkeit, ihn zu verstehen, besser mit ihm kommunizieren zu können. Ich möchte ihm Dinge mitteilen können, zum Beispiel, dass er nur kurz warten muss und ich ihn dann sofort wieder hoch nehme (es soll ja Momente geben, für die man auch als Mama beide Hände braucht) und ihm die Möglichkeit geben, mir auch etwas mitteilen zu können. Und wie fantastisch wäre es bitte für uns beide, wenn er mir einfach zeigen könnte, was er in diesen lauten Momenten so dringend braucht? Das würde mir ein langes und zehrendes Rätselraten ersparen und ihm eine (verhältnismäßig) lange und zehrende Wartezeit.

Und zack, da war es wieder.

Ich erinnerte mich plötzlich an das Frühstück mit meiner Freundin Paula und ihrer Tochter und begann zu recherchieren, ob und wo in Hamburg solche Kurse angeboten werden. Und ich wurde fündig. Auf babySignal.de kann man deutschlandweit nach Kursen in verschiedenen Schwierigkeits-Niveaus suchen. Ich war überrascht, an wie vielen Orten Kurse angeboten werden und als ich dann gesehen hab, dass es auch in Eimsbüttel einen gibt, hab ich uns direkt angemeldet.

Inzwischen ist mein Kleiner 10 Monate alt.

Und unser Kurs hat begonnen. Wir sind direkt bei der Gründerin von babySignal, Wiebke Gericke, gelandet. Wiebke ist unglaublich sympathisch und leitet den Kurs sehr einfühlsam, wir haben uns direkt wohl gefühlt. Die Eltern sitzen auf Matten am Boden, die Babys können den ganzen Kursraum erobern. Meistens setzen sich aber in die Mitte (alleine!) und beobachten gebannt, wie Wiebke ihren gesprochenen Worten liebevoll und spielerisch Gebärden zuordnet. Es wird gesungen, getanzt, gekuschelt und neulich, als wir die Gebärde für „essen“ gelernt haben, wurde sogar was geknabbert. Das alles wird immer mit den entsprechende Handzeichen begleitet, allerdings nicht jedes Wort, sondern nur die Schlüsselwörter. Inzwischen kennen wir die Zeichen für ein paar Tiere und deren Laute, außerdem noch

  • an
  • aus
  • etwas, „das sich dreht“ (Windmühlen sind hier der absolute Renner!)
  • Musik/singen
  • „Warte!“
  • „Komm, ich nehm dich hoch.“
  • Mama
  • Papa
  • Zuhause

Außerdem können wir die wichtigsten Bedürfnisse und alltäglichen Abläufe zeigen,

  • essen
  • trinken (Wasser)
  • Milch (stillen)
  • schlafen
  • wickeln & Toilette
  • baden
  • duschen
  • kuscheln
  • Gesicht waschen
  • Nase putzen
  • Fertig!
  • Nochmal!

Nochmal, nochmal!

Und genau so isses, die Wiederholung macht’s. Die einzelnen Zeichen sind nämlich gar nicht so schwer, im Gegenteil, sie sind (fast) alle total logisch und nachvollziehbar. Die eigentliche Krux ist, sie tatsächlich im richtigen Moment auch zu gebrauchen (also daran zu denken) und fest in den Alltag einzubinden – natürlich so, dass das Kind sie auch mitbekommt. Ein paar Gebärden hab ich mir schon angewöhnt und ich bin gespannt, wann ich die ersten Antworten bekomme.

Die Kinder lernen die Zeichen erstmal zu deuten und wenden sie meistens erst nach einer Weile auch selbst an. Ich hab aber den Eindruck, mein Kleiner versteht die meisten unserer Zeichen schon. Er meckert beispielsweise nur noch halb so arg, wenn ich ihm das Gesicht wasche, weil ich vorher genau ankündige, ihm also sage und ZEIGE, was gleich passieren wird. Und ich glaube, er hat eine erste Gebärde, „Fertig!“, auch neulich selbst schon angewendet. Für meinen Dreijährigen ist das alles ein großer Spaß, er lernt und gebärdet fleißig mit. Übrigens wirkt sich das Gebärden nicht nachteilig auf die Sprachentwicklung aus. Aber ist der Gedanke nicht wundervoll, dass man irgendwann eine Art „Geheimsprache“ mit seinem Nachwuchs hat und sich auch in großem Trubel oder über eine Entfernung nur durch Handzeichen und Signale verständigen kann?

Ein paar Stunden haben wir jedenfalls noch vor uns und je nachdem, wie wir voran kommen, möchten wir später auch noch einen Aufbaukurs machen. Mal sehen, ob sich das irgendwie einrichten lässt. Bis dahin bleib ich dran und halte euch auf dem Laufenden.

Ach,  falls ihr euch selbst für babySignal Kurse interessiert, schaut euch unbedingt mal die babySignal Seite an. Und für alle, die in Hamburg oder Umgebung wohnen: im Dezember gibt es in Eimsbüttel zwei Schnupper-Termine – viel Spaß!

Schnupperkurs Babygebärden

*William Sears bezeichnet seinem Buch „Das ’24-Stunden-Baby'“ Kinder mit sehr starken Bedürfnissen als „besonders liebebedüftig“. Finde ich schön, den Ansatz, und außerdem klingt es viel netter, positiver und leichter annehmbar als Schreibaby.

Liebst,

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